Eindringtiefe
Die Wirbelstromprüfung ist prinzipiell als Oberflächenprüfverfahren einzustufen. Verfahrensbedingt konzentrieren sich die induzierten Wirbelströme auf eine mehr oder weniger dünne oberflächennahe Schicht. Die stärksten Wirbelströme fließen unmittelbar an der Oberfläche. Deshalb kann dort die maximale Prüfempfindlichkeit erzielt werden.
Die Abnahme der Wirbelstromstärke mit wachsender Tiefenlage (Abstand von der Oberfläche) wird durch den Abschirmeffekt fließender Wirbelströme („Skin-Effekt“) verursacht. Als Maß für die tiefenabhängige Abnahme der Wirbelstromstärke verwendet man in der Wirbelstromprüfung üblicherweise die sogenannte Standardeindringtiefe.
Die Standardeindringtiefe δ entspricht dem Abstand, bei dem die Wirbelstromstärke auf ca. 37 % des Wertes an der Prüflingoberfläche abgefallen ist (dies entspricht einer Abnahme um den Faktor 1 / e ~ 1 / 2,7). Sie ist keine fixe Größe, sondern sie hängt ab von den jeweiligen Prüfbedingungen: der Prüffrequenz (f), der elektrischen Leitfähigkeit (σ) und der relativen Permeabilität des Prüfgegenstandes (µr) und kann näherungsweise mit folgender Formel berechnet werden:
δ – Standardeindringtiefe in mm
σ – elektrische Leitfähigkeit in MS / m
µr – relative Permeabilität (einheitslos)
f – Prüffrequenz in Hz
Damit gilt:
Je größer die elektrische Leitfähigkeit oder die relative Permeabilität bzw. je höher die Prüffrequenz ist, desto stärker konzentrieren sich die Wirbelströme an der Oberfläche des Prüfgegenstandes und umso kleiner wird die Standardeindringtiefe.
Die relativen Wirbelstromstärken für ausgewählte ganzzahlige Vielfache der Standardeindringtiefe δ betragen:
1δ: -> 36,8 %
2δ: -> 13,5 %
3δ: -> 5,1 %
5δ: -> 0,7 %.
Die Tiefe 3δ wird auch als „effektive Eindringtiefe“ bezeichnet. In größeren Tiefen liegende Materialänderungen bzw. Defekte können im Allgemeinen nicht mehr verlässlich mit ausreichender Empfindlichkeit nachgewiesen werden, da die Wirbelstromstärke bereits zu stark abgefallen ist.
Prüfgegenstände mit einer Wanddicke größer 5δ gelten als „dickwandig“; eine weiter zunehmende Wanddicke würde keine weitere Messwertänderung an der Wirbelstromspule hervorrufen.
Auf Basis der Standardeindringtiefe kann damit – unter Berücksichtigung der vorliegenden Prüfbedingungen (Materialeigenschaften und Prüffrequenz) – das Tiefennachweisvermögen grob abgeschätzt werden.